Meine Reaktion auf C. Wiedemanns Artikel im Bayreuther Tagesblatt.
Dieser Titel allein ist ein Schlag ins Gesicht einer jeden im Artikel genannten Berufsgruppe, denn er impliziert die Selbstverschuldung. Krankenschwestern, Ärzte, Altenpfleger und Sanitäter, hört nicht auf C. Wiedemann! Ihr seid keine Idioten – ihr wart es zwar, aber heute seid Ihr Heldinnen und Helden, denn „In der Krise beweist sich der Charakter“ (Helmut Schmidt). Ihr brüllt nicht laut nach Staatshilfen, wie es seinerzeit die Banken taten. Ihr behauptet nicht systemrelevant zu sein, obwohl ihr faktisch systemkritisch seid. Ihr geht einfach auf Arbeit und tut Euren verschissenen Job.
Und dass dieser Job „verschissen“ ist, steht außer Frage. Schlecht bezahlt (mal von den Ärzten abgesehen), viele Überstunden, tägliche Pöbeleien von Bürgerinnen und Bürgern, die einfach nicht raffen, dass das Gesundheitswesen keine Hotellerie und kein Selbstbedienungsladen ist. Seit 2004 folgen Eure Chefs außerdem dem bedingungslosen Diktat der Ökonomie – was kein Profit bringt, wird abgeschafft. Deswegen wurden bundesweit 50.000 Pflegestellen abgebaut, während Ärzte neu eingestellt wurden – denn Ärzte können operieren, Pflegende nicht.
Aber halt! Wer hat denn die Menschen gewählt, die die Fallpauschalenregelung eingeführt haben? Und wer hat sie auch danach, als der angerichtete Schaden immer deutlicher zu Tage trat, wiederholt im Amt bestätigt? Das wart auch Ihr, liebe Pflegende, Rettende und Operierende. Ihr habt Euch selbst durch Eure selbst ernannten Scharfrichter immer und immer wieder aufs Schafott legen lassen. Völlig schizophren habt ihr die Ideen der Linken, Bürgerversicherung, Abschaffung der Fallpauschale, Pflegevollversicherung, eine bedarfsgerechte, dem Personalmangel entgegenwirkende Krankenhausfinanzierung und eine gesetzlich verbindende Personalbemessung, die diesen Namen auch verdient, immer und immer wieder als sozialistische Spinnereien abgetan. Ihr habt gesagt und unkritisch angenommen, dass diese Ideen nicht zu finanzieren wären und entgegen dem Primat der Gewinnmaximierung stünden.
Ja, Wiedemann hat recht, dass eine Heroisierung zum jetzigen Zeitpunkt diese Missstände kaschieren soll und auch ich mutmaße, dass nach Corona alles so weiterlaufen wird wie bisher. Der Mensch vergisst Schmerz und Leid sehr schnell und er wird sich genauso schnell daran gewöhnen, wieder arbeiten zu gehen und den Sommer zu genießen. Und ihr, liebe Pflegende, Rettende und Operierende? Was werdet Ihr tun? Ich vermute, dass (C)DU/(C)(S)U und (S)PD es auch mit Euer Hilfe ein weiteres Mal machen werden. Vielleicht wird mit einem 500er Abbitte an Euch geleistet werden – das wird ein Schweigegeld sein: „Wir haben Euch doch ausbezahlt, jetzt haltet die Fresse und malocht weiter wie bisher.“ … mehr nicht und nicht weniger.
Wenn sogar der Spiegel auf die Idee kommt, dass die kapitalistische Landnahme des Gesundheitswesens rückgängig gemacht werden muss und den Begriff des Infrastruktursozialismus anpreist, dann haben wir ja aber vielleicht doch eine kleine Chance, aus dieser Krise stärker rauszugehen als wir ins sie starteten. Dazu gehörte aber eben auch, dass all jene, die jetzt Helden genannt werden, und dazu zähle ich bewusst auch die Kassierenden und die Bauenden und die Erntenden und die … … … dass all jene endlich aufwachen und sich politisieren und erkennen, dass uns unsere Fehler an der Wahlurne in solch einer Krise einholen.
Den Originalartikel wohl nicht im geringsten verstanden. Denn Herr Wiedemann sagt exakt das selbe aus. Nur eben mit dem kleinen Unterschied, dass diejenigen, die jetzt Applaus gespendet haben für die „Helden“ bitte nach Corona auch für die „Helden“ auf die Straße gehen und für bessere Arbeitsbedingungen demonstrieren sollen. Und ja!!!!! Die sogenannten systemrelevanten Helden sind Idioten!!!! Denn sie können sich nicht einmal selbst zur wehr setzen. Sie bilden die größten Berufsgruppen in ganz Deutschland, aber haben die wenigsten Mitglieder in den Gewerkschaften!!! So kann man nichts erreichen!!! Steht endlich auf und macht den Mund auf!!! Man sieht doch jetzt schon wieder, wie wir vergessen werden von der Politik und der Gesellschaft. Die Menschen demonstrieren gegen die Corona-Regelungen und beschweren sich, aber die wenigsten dieser Menschen stand in den Krankenhausfluren oder den Pflegestationen in Deutschland, saß im Supermarkt an der Kasse, oder hat Überstunden gerissen, Urlaub abgesagt oder ähnliches. Aber auf diese Menschen wird gehört, weil sie den Mund auf machen, im Gegensatz zu den „Idioten“, die sich aufgeopfert haben in dieser Zeit.
Ich würde nur zu gerne sehen, wie diese Rathaus-Demonstranten ihre Forderungen ausrufen, wenn sie vor den „Idioten“ stehen, die ihre Masken kaum mehr abbekommen haben durch 12 Stunden Schichten, die ihre eigene Gesundheit riskiert haben, um anderen das Leben zu retten, oder einfach nur um anderen die neue Zeitung zu verkaufen.
Leider, lieber Pascal, hast Du meinen Artikel nicht recht verstanden. Vermutlich liegt das an mir und meinen verklausulierten Sätzen, wofür ich um Entschuldigung bitte.